Haushaltsrede 2020 der CDU Fraktion

22.01.2020 | Kerstin Mock
Foto von Micheile Henderson von Unsplash
Foto von Micheile Henderson von Unsplash

von CDU Stadträtin Kerstin Mock

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Riedmann, 
sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger von Markdorf, 
liebe Gemeinderatskolleginnen und Kollegen, 
sehr geehrte Vertreter der Presse, 
 
die Katze beißt sich in den Schwanz, so könnte die Überschrift über diese Haushaltsrede lauten.  
 
Wo lässt sich sparen, ohne dass Markdorf an seiner Attraktivität für seine Einwohner und für seine Gewerbebetriebe verliert. Die geographisch gute Lage Markdorfs, ein attraktives Stadtmarketing mit vielen Festen und Aktionen, ein aktives Vereinsleben und nicht zuletzt qualitativ hochwertige Kindergärten bieten einen wertvollen Lebens- und Arbeitsstandort. Diese Standortfaktoren schlagen sich in unserem städtischen Haushalt auch in Zahlen nieder. Der Anteil der Einkommenssteuer unserer Bürger  an den Einnahmen der Stadt ist im Vergleich zu anderen Gemeinden hoch. Noch sind es auch die Einnahmen aus der Gewerbesteuer. Doch stehen diesen Erfolgszahlen auch hohe Ausgaben gegenüber.     
 
Der Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer deckt mit rund 10,5 Mio. Euro gerade die Personalkosten der Stadt. Dann ist diese Steuereinnahme aufgebraucht und steht nicht für weitere Aufgaben zur Verfügung.   
 
Mit dem Haushaltsjahr 2020 starten wir mit der Doppik in eine neue Ära der Buchführung bei der Stadt und ihren Eigenbetrieben. Der kamerale Haushalt ist Geschichte und es gilt sich auf die neuen Vorgaben mit allen Konsequenzen, die daraus entstehen, einzustellen.  
 
Drei wesentliche Vorteile sollen für das doppische Haushalts- und Rechnungswesen sprechen:  
 
1. Transparenz, 2. Generationengerechtigkeit, 3. Steuerungsoptimierung.  
 
Die tatsächlichen Kosten werden in dem Jahr aufgeführt, in dem sie entstehen und bilden den Ressourcenverbrauch durch die Gegenüberstellung von Ertrag und Aufwand ab. Vermögen und Schulden werden ausgewiesen. Das setzte voraus, dass das Vermögen durch die Mitarbeiter der Verwaltung erst einmal ermittelt werden musste, indem alle Strassen und Gebäude in einem aufwendigen Verfahren bewertet wurden.  
 
Ein Vergleich zum vergangenen Haushalt  2019 und den Jahren davor kann durch die veränderte Systematik nicht mehr erfolgen. Sehr wohl soll aber die Vergleichbarkeit der Zahlen mit den Haushalten anderer Gemeinden einfacher werden.  
 
Durch Ausweisung der Abschreibungen für Investitionen in den Aufwendungen, der keine Gegenbuchung wie im alten Haushaltsrecht gegenüber steht, werden die tatsächlichen Kosten, die durch die Investitionen entstehen inklusive ihrem Wertverlust abgebildet, und fließen so unmittelbar in die Ertragsrechnung ein.  
 
Problematisch ist, dass durch städtische Investitionen, z.B. in eine Schule oder in Straßen, keine Einnahmen generiert werden können, wie dies bei Investitionen eines Wirtschaftsbetriebes erfolgt. Eine Stadt kann nur das Geld ausgeben, dass sie durch Steuern und Gebühren einnimmt. Zusätzliche Einnahmen können nur schwer generiert werden, insbesondere wenn man es vermeiden möchte die Bürger und Firmen stärker zu belasten.   
 
Somit stellt sich die Frage woher kommen die zusätzlichen finanziellen Mittel? Sparen wir bei den freiwilligen Leistungen der Stadt ein? Sparen wir bei den Standards wie wir unsere Gebäude ausstatten ein? 
 
Woher nehmen wir das Geld, das wir viele Jahre lang aus Baulandpolitik und Grundstücksverkäufen generiert haben, das bisher einen großen Teil unserer Rücklagen bildet, aber nun für die laufenden Investitionen gebraucht wird? Gleichzeitig ist die Baulandpolitik im bisherigen Stil zum Auslaufmodell geworden, da weitere zu erschließende Flächen fehlen und sich die Haltung zum Flächenverbrauch in den letzten Jahren stark gewandelt hat.  
 
Wie gestalten wir die Zukunft der Stadt generationengerecht? Für welche Aufgaben geben wir wieviel Geld aus? Kindergärten, Schulen, Feuerwehr, Altenpflege, Sportplätze, Jugendeinrichtungen, Straßen, Wasserleitungen, Abwassersystem. Alles notwendig, alles dringend, alles machbar? Vieles ist „nice to have“…. Die Wunschliste ist lang. Doch was ist wirklich machbar. Wo setzen wir die Prioritäten? Wie leisten wir unseren sinnvollen Beitrag zum Klimaschutz? Keiner negiert dass dieser erforderlich ist. Die Frage ist, ob Maßnahmen zum Klimaschutz, wie Stadtbussysteme, Aufforstungsprojekte, energetische Gebäudesanierungen als Ausgaben bei den Kommunen richtig angedockt sind oder ob diese Kosten nicht Aufgaben des Landes und des Bundes sind, da sie die Gemeinden überfordern.  
 
Ohne Aufnahme von Darlehen werden wir die anstehenden Investitionen in Schulen, Rathausareal, Kindergärten, Wasser und Abwassersystem nicht stemmen können. Wir finden, es ist gerechtfertigt für langfristig angelegte Projekte wie Gebäude und Infrastruktur auch langfristige Darlehen zur Finanzierung aufzunehmen.  
 
Es stehen uns in den nächsten Jahren noch weitere Projekte bevor. Der Umbau der Doppelzimmer in Einzelzimmer im Pflegeheim St. Franziskus. Dort neigt sich die genehmigte Übergangsphase dem Ende zu. Außerdem brauchen neue Formen der Essensausgabe und der Gruppenbetreuung eine geänderte räumliche Gestaltung. Weitere Renovierungsarbeiten innen und außen werden auf uns zu kommen.  
 
Die Altenpflege ist im Gegensatz zur Kinderbetreuung keine Pflichtaufgabe der Gemeinde. Aber auch hier beißt die Katze sich in den Schwanz. Historisch gegründet auf den früheren Klöstern in der Stadt, aus denen sich Spital, Krankenhaus, Wald und Reben entwickelt haben, und teilweise bis heute bestehen. Eine historische, soziale Aufgabe der Stadt Markdorf. Will man mit Sparmaßnahmen ausgerechnet an dieser Stelle ansetzen? Hilfreich wäre es natürlich, wenn wir für den Spitalfond zumindest einen Haushaltsplan für 2020 hätten, um uns einen Überblick über die aktuelle Finanzsituation dort zu machen.  
 
Eindeutig ist, dass die aktuelle Finanzlage keine großen Sprünge bei der Nutzung des Bischofschloßes zulassen. Mehr als eine abschnittsweise, provisorische Nutzung werden wir in den nächsten Jahren nicht schaffen. 
 
Es wird uns unterstellt, wir hätten den Schock des Bürgerentscheides noch immer nicht verdaut. Den haben wir sehr wohl hinter uns gelassen. Dennoch verlieren wir die 50% der Markdorfer Bürger nicht aus den Augen, die im Dezember 2019 für eine Nutzung des Bischofschloßes als Rathaus gestimmt haben. Diese 50% der Bürger fordern bei uns aktiv ein, dass sie in der Diskussion und beim Blick in die Zukunft nicht vergessen werden. Schließlich hätten wir bei der Nutzung des Bischofschloßes als Rathaus, durch die Fördergelder aus dem Stadtsanierungsprogramm des Landes, eine deutlich komfortablere Situation der städtischen Finanzen und ein Sorgenkind weniger in der Stadtentwicklung.  
 
Wir tragen die jetzt angestoßene Sanierung des Rathauses mit, dürfen dabei aber nicht vergessen, dass nach wie vor die Frage ungeklärt ist, wo wir die notwendigen, fehlenden Flächen im bestehenden Gebäude, z.B. für den Sitzungssaal, hernehmen.  Und natürlich sind wir sehr gespannt wohin sich dort die Kosten im Laufe der weiteren Planung entwickeln werden.  
 
Genauso ungeklärt ist die Frage, wie die Entwicklung an der Jakob-Gretser –Grundschule weitergehen kann. Die Suche nach einem dritten Standort blockiert die Entwicklung der JGS am jetzigen Standort in der Stadt. Wie sollen wir dort  investieren wenn wir nicht wissen welche Konzepte für die beiden etwaigen Schulstandorte vorgesehen sind? Zuerst muss doch geklärt sein, ob wir dann zwei Ganztagsschulen haben werden, ob wir eine Aussenstelle der bestehenden Schule haben werden oder eine eigenständige Schule, und wo wir wieviele Turnhallen haben werden. So viele offene Fragen, die es nicht zulassen, einfach irgendwie in irgendwas an der JGS Geld zu investieren. Ein dritter Standort bringt es doch automatisch mit sich, dass das neu ausgearbeitete, bestehende und inhaltlich an der Schule bereits umgesetzte Konzept, so keinen Bestand mehr haben kann. Diese neue Ausrichtung erfordert eine neue Ausarbeitung des Schulkonzeptes der Stadt Markdorf auch im Blick auf die Grundschule in Leimbach. Das wirft uns im zeitlichen Ablauf auf jeden Fall um einiges zurück. So gewinnen wir weder zeitlich einen Vorteil, noch am Ende nach Berücksichtigung aller Kosten, wie den Erwerb der Grundstücke und Ausbau der Infrastruktur, wie die Erschließung durch neue Zufahrtsstraßen, einen finanziellen Vorteil.  
 
In vollem Gange sind die Arbeiten am Bildungszentrum Markdorf. Gestartet wurde das große Modernisierungskonzept mit der Sanierung der alten Sporthalle. Wir finden es gut, dass die Stadt die Kosten für den Bau des Bewirtungsbereichs am Eingang aufnimmt, um für diese Turnhalle die Genehmigung einer Versammlungsstätte zu erhalten. Damit können auch in Zukunft dort Sport- und Musikveranstaltungen mit Zuschauerbeteiligung stattfinden.   
 
Damit diese Zuschauer und auch die Schüler am BZM zukünftig wirklich sicher an den Standort im Markdorfer Süden gelangen können, fordern wir die zügige Planung und Umsetzung einer Über- oder Unterführung der Gleise für Fußgänger und Radfahrer in Bahnhofsnähe. Diesen Antrag hat die CDU schon vor längerer Zeit gestellt. Mit der Aufhebung der Planung einer großen Unterführungslösung für alle Verkehrsteilnehmer und im Zuge des Umbaus der Kreuzung Ensisheimerstr./Heggelinstr. sehen wir für diese Investition eine große Dringlichkeit.  
 
In die Zukunft geblickt wird es spannend werden, wie wir mit unserer Bahnschranke an den Gleisen umgehen, sollte der Takt der Bodenseegürtelbahn und der überregionalen Züge erhöht und verdichtet werden. Die Schließzeiten der Schranken pro Stunde werden sich dann erheblich erhöhen. Aufgrund der Konsequenzen, die dies auf den Kreuzungsverkehr haben wird, dürfen wir die weiteren Planungen in diesem Bereich nicht aus den Augen verlieren und müssen darüber nachdenken, ob an dieser Stelle nicht doch eine größere Lösung notwendig wird.  Als Zwischenschritt gehen wir davon aus, dass die Verwaltung die Planung der neuen Ampel mit der Bahn bereits angestoßen hat.  
 
Sie sehen, die Katze beißt sich in den Schwanz. Gerne wollen wir sparen, aber gleichzeitig wollen wir keinen  Stillstand in der Weiterentwicklung der Stadt Markdorf und schon gar keinen Rückschritt.  
 
Gerne haben wir dem Vorschlag unseres Kämmerers zugestimmt, die Darlehen der Eigenbetriebe Wasser- und Abwasser in Trägerdarlehen der Stadt umzuwandeln. Somit sparen wir uns Strafzinsen für unser Guthaben und verbuchen die Zinseinnahmen der Darlehen im städtischen Haushalt. Sollten wir die Finanzmittel wieder benötigen ist ein kurzfristiger Zugriff darauf ebenso möglich, wie eine externe Kreditaufnahme zu günstigen Zinssätzen für die Eigenbetriebe.  
 
Nicht zustimmen konnten wir dem Antrag der Freien Wähler jährlich 1% der Steuereinnahmen in einen Klimapool und in einen Pool zur Aufwertung des öffentlichen Raumes zu geben. Nicht, weil wir die Maßnahmen nicht gut heißen würden, sondern weil wir diese Ausgaben für Klimaschutz projektbezogen am besten aufgehoben sehen. Gleichzeitig möchten wir uns die nötige Flexibilität bewahren, auf eine veränderte Einnahmensituation situationsgerecht reagieren zu können. Auch immer unter dem Gesichtspunkt einen ausgeglichenen Haushalt anzustreben. 
 
Wenn es die finanzielle Situation zulässt, können es bei Sanierungen von Gebäuden oder Waldprojekten unseres Erachtens in manchen Jahren auch mehr als 1% der Steuereinnahmen sein, die wir klimaschonend einsetzen.   
 
Ähnlich sehen wir den Umgang mit dem ISEK-Programm. Nach den Informationen, die wir hierzu auf der Klausurtagung des Gemeinderats erhalten haben, macht es Sinn, ISEK im Rahmen der Stadtentwicklung projektbezogen umzusetzen und dadurch die Basis für Zuschüsse zu generieren.  
 
Beim Stadtbus warten wir gerne die Ergebnisse der Arbeitsgruppe ab, und führen dann gemeinsam mit allen Fraktionen die politische Diskussion dazu. Auch hier müssen wir sorgsam prüfen, wie wir die zusätzlichen Kosten im Haushalt unterbringen können.  
 
Sie erinnern sich an die Katze…. 
 
In die Entwicklung des Algemarin- Geländes im Stadtteil Ittendorf scheint, nach den neuen Plänen, die im Ortschaftsrat und heute bei uns präsentiert werden, auch wieder neuer Schwung zu kommen. Die Ittendorfer warten sicher schon lange darauf, dass sich an diesem Areal etwas tut.  
 
Ich bedanke mich nun zum Abschluss bei allen Fraktionen für die gute und sachliche Zusammenarbeit und bei der Verwaltung für das konstruktive Miteinander im vergangenen Jahr.  
 
Die CDU-Fraktion wird dem vorliegenden Haushaltsplan 2020 zustimmen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.  
 
Für die CDU-Fraktion, Kerstin Mock 
 
 
 
- es gilt das gesprochene Wort -